Reto Lanzendörfer / Expos / GB Spreitenbach

Limmattaler Tagblatt   23. Februar 1989:

Paris: Exakte Bleistift-Aufnahmen, die weniger Stimmung einfangen als vielmehr die Architektur, die Anordnungen nachvollziehen möchten.   Fotos: Lanzendörfer

Auf-Zeichnungen verschiedener Reisen

Neue Ausstellung in der Gewerbebank-Filiale Spreitenbach

Schon seit etwa vier Jahren haben regionale Künstlerinnen und Künstler Gelegenheit, ihre Werke in den Räumlichkeiten der Gewerbebank Baden, Filiale Spreitenbach, einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren. Dabei werden die vornehmlich unbekannten (Hobby-) Maler auch materiell konkret unterstützt, denn im Verkaufspreis der Bilder ist kein einziges Prozent versteckt, das danach in die Taschen der Bank fliesst. Bis zum 17. März 1989 sind nun die Aquarell- Zeichnungen von Reto Lanzendörfer, Oberrohrdorf, in der Schalterhalle und den Tresorräumen ausgestellt.

(rb) In feinen weissen Rahmen Erinnerungen an die Reisen der vergangenen zwei Jahre: Betrachtungen von Bauten, Plätzen (Räumen), Bäumen und Strassen in Baden, Lausanne, Italien, Paris. Exakte Bleistift-Aufnahmen der Architektur, der Anordnungen. Einzelne Gebäude, wie herausgeschnitten aus dem Ganzen, um sie ungestört nachzuvollziehen. Danach wurden die meisten Bilder mit zarten Wasserfarben verfeinert. Sinngemäss stärker aufgetragen in Italien als beispielsweise in Paris. Dass die Lausanner Motive so hoffnungsvoll farbenfroh sind, ist wohl vor allem auf den Reisekalender zurückzuführen, denn unmittelbar nach dem Ausflug ins Cinque Terre zog es Reto Lanzendörfer nach Lausanne.

Das einzelne Bild entsteht in relativ kurzer Zeit, vor Ort. Da werden - aus einem plötzlichen Bedürfnis heraus - die Mal- und Zeichenutensilien hervorgenommen und es formen sich Strukturen, die das speziell geschulte Auge verraten: Nach der Hochbauzeichner- und direkt anschliessenden Maurerlehre bereitet Reto Lanzendörfer heute an der HTL sein Architektur-Diplom vor. Vielseitigkeit aber nicht nur im beruflichen Bereich. Auf den Reisen wird auch viel geschrieben, skizziert. Das Leben, die Leute, also die Bewegung, hält er fast ausschliesslich mittels Fotografien fest, weil mit eines der schwierigsten Probleme der Malerei, nämlich die plastische Wiedergabe des Menschen, von Reto Lanzendörfer erst noch intensiver angegangen werden will.

«Ich möchte meinen Freunden, Bekannten und nicht zuletzt auch mir selbst einfach einmal meine Bilder zeigen, erstmals sinnvoll aneinandergereiht, gerahmt», sagt Reto Lanzendörfer. Bescheidenheit ist hier nicht fehl am Platz, denn Lanzendörfer weicht in allen seinen Bildern nicht von der Position des reinen Betrachters ab. Er steigert sich nie in die Rolle des Interpreten, geschweige denn in diejenige des unabhängigen Schöpfers. So werden natürlich auch (noch) keine Utopien entworfen, Gegenwellen aufgezeigt, kindlich-dreiste Ideen entwickelt, neue Wege gesucht. Lanzendörfer bleibt sachlich, nimmt das Wahrgenommene mehr oder weniger unverfälscht auf. Natürlich: Da und dort wird weggelassen oder lediglich angedeutet. Auf das minuziöse Festhalten wird im Gegensatz zu seinen früheren Bildern weitgehend verzichtet. Aber Reto Lanzendörfer hat mit dieser Ausstellung einen Anfang gemacht. Aus seinem Bedürfnis zu malen und zu zeichnen ist der Wunsch - ob er dies nun wahrhaben will oder nicht - zur Kommunikation mit dem Betrachter entstanden. Daraus kann mehr werden - mit den handwerklich einwandfreien Bildern ist eindeutig die Basis dazu geschaffen worden.

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Treppe zur Kathedrale - Lausanne 1989    Piazza Unita - Riomaggiore 1989

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